Vor 15 Jahren baute ein „buntes Team“ aus vier verschiedenen Hilfsorganisationen den Arbeitskreis Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) in Stadt und Landkreis Bayreuth auf.
Drei Mitglieder des BRK Kreisverbandes Bayreuth und ein Helfer vom THW Pegnitz waren Gründungsmitglieder für einen bis dorthin fast unbekannten Einsatzbereich. Am 31.03.2006 wurde dann der Fachdienst im BRK offiziell gegründet und somit die Arbeitsbereiche Krisenintervention und Einsatznachsorge zum Leben erweckt. Im Laufe der Jahre wuchs das organisationsübergreifende Team der PSNV mit den Maltesern aus Waischenfeld und der Feuerwehr Bayreuth/ Stadt immer weiter.
Im Jahre 2014 kam ein Zusammenschluss mit dem BRK Kreisverband Kulmbach zustande. Anfangs wurde in Kulmbach beim Aufbau eines eigenen Teams unterstützt, die daraus resultierende Verbindung besteht aber bis heute. Dank diese Zusammenschlusses sind die Mitglieder nun im kompletten Leitstellenbereich der Integrierten Leitstelle (ILS) Bayreuth/Kulmbach verteilt und können so zügig auf die Alarme an den unterschiedlichsten Orten reagieren.
Aktuell besteht das bunte Team von KID´lern (KID = Kriseninterventionsdienst) und ENT´lern (ENT = Einsatznachsorge-Team) aus 32 Kameradinnen und Kameraden aus dem BRK, dem MHD, der Feuerwehr und Kräften vom THW Pegnitz. Teilweise sind diese auch im Einsatznachsorgeteam des THW Bayern mit eingebunden. Das organisationsübergreifende Team wird nicht nur durch den Leiter und Organisator der evangelischen Notfallseelsorge unterstützt, sondern auch aktiv durch mehrere Psychologinnen. Alle Mitglieder üben ihre Tätigkeit in der PSNV in Zweitfunktion aus.
Corona stoppte, wie in so vielen Bereichen, auch die Arbeit des PSNV-Teams Bayreuth/Kulmbach. In einer mehrmonatigen Zwangspause konnte aber ein ausreichendes Hygienekonzept erstellt und somit ein Einsatzdienst wieder möglich gemacht werden. Betreuung auf Abstand und hinter Masken, eine ungewohnte Situation für die erfahrenen Kriseninterventionshelfer. Auch die verpflichtenden Weiter- und Fortbildungen für die PSNV-Kräfte verlagerten sich auf Online-Fortbildungen, um während der Pandemie auf dem neuesten Stand zu bleiben. Diese wurden reichlich und qualitativ hochwertig angeboten und durchgeführt.
Die Betreuung von traumatisierten Betroffenen oder die Betreuung von Einsatzkräften lernt man nicht nur in einem Lehrgang, es sind auch viele weitere Fort- und Weiterbildungen für jede einzelne Einsatzkraft vorgeschrieben. So treffen sich alle aktiven Einsatzkräfte zu einer jährlichen Supervision, um über die erlebten Einsätze und Eindrücke zu sprechen. Denn auch die Profis der PSNV müssen nach jedem Einsatz etwas für ihre Psychohygiene tun, um weiterhin den überaus wichtigen Dienst am Menschen leisten zu können.
2020 hatten zudem 2 Kräfte – Dominik Hohnerlein und Heiko Pöhnl – vom Bayreuther Team die Möglichkeit sich als „Leiter PSNV“ an der SFS Geretsried zu qualifizieren. Der Leiter PSNV ist seit einigen Jahren ein fester Bestandteil im Führungssystem und untersteht im Einsatzfall der Sanitätseinsatzleitung. Der vorbestimmte Leiter PSNV übernimmt im Einsatz einen eigenen Einsatzabschnitt (PSNV) und arbeitet in enger Zusammenarbeit mit dem Fachdienst Betreuungsdienst oder dem Einsatzabschnitt „Einsatztaktische Betreuung der Polizei“ zusammen. Auch kann der Leiter PSNV bei größeren Lagen mit mehreren Kriseninterventionsteams als Einsatzleiter zum Einsatz kommen. In dem bayernweit ersten Leiter PSNV Lehrgang wurde den beiden Kameraden interdisziplinäres Fachwissen vermittelt, welches sie für ihren Aufgabenbereich benötigen.
Die Hauptaufgaben der Mitglieder des Kriseninterventionsdienstes (KID) sind die Betreuung von Menschen nach traumatisierten Ereignissen verschiedenster Art. Diese können unter anderem sein, Reanimation von Angehörigen oder Zeuge eines schweren Unfalls, Suizides oder anderen traumatischen Ereignissen wird. Das PSNV-Team begleitet aber auch die Beamten der Polizeiinspektionen bei der Überbringung von Todesnachrichten an Angehörige und übernimmt die anschließende Betreuung dieser. Die Maßnahmen der Kriseninterventionshelfer sollen den Betroffenen bei der Bewältigung der kritischen Lebensereignisse helfen, sowie ihnen Informationen zum Einsatz bzw. Ermittlungen des Kriminaldauerdienstes der Polizei oder anderen Einsatzeinheiten vermitteln. Ebenso aktivieren die KID-Helfer das soziale Netzwerk der Betroffenen (z.B. Familie, Freunde) oder organisieren weitere Hilfen bei psychologischen Beratungsstellen.
Eine weitere Aufgabe der PSNV Bayreuth/Kulmbach ist die des Einsatznachsorge-Team (ENT), welches ebenfalls von Mitgliedern aus allen Hilfsorganisationen gebildet wird. Dieses betreut Einsatzkräfte nach belasteten Einsätzen und ist durch die beteiligten Mitglieder des THWs, die dem Einsatznachsorge-Team Bayern angehören, in ganz Bayern und sogar bundesweit aktiv. Zu einer wichtigen Aufgabe der Mitglieder gehört es unter anderem präventiven Maßnahmen umzusetzen. Das heißt, in Form von Schulungen, die Einsatzkräfte aller Hilfsorganisationen auf belastende Einsätze vorzubereiten. Je nach Anforderung besteht aber auch, die Möglichkeit bei besonders belastenden Einsätzen die Kräfte vor Ort zu betreuen um das Erlebte zu verarbeiten und ggf. unterstützend für die Einsatzleitung tätig zu werden. Als sekundäre Prävention bieten unsere speziell ausgebildeten ENT-Kräfte auch Einzel- oder Gruppengespräche nach Einsätzen an. Das Ziel der Prävention und der Einsatznachsorge ist es, traumatischen Stress vorzubeugen, bzw. diesen zu lindern, die Genesung der Einsatzkräfte zu beschleunigen und die Gesundheit der ehren- und hauptamtlichen Kräfte zu erhalten.
Mit über 100 Einsätzen im Jahr – alleine in der Bayreuther und Kulmbacher Region – ist das ehrenamtliche Team der PSNV Bayreuth/Kulmbach stark gefordert. In diesem Jahr waren zudem mehrere Einsatzkräfte in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz vor Ort und dort mit ins Einsatzgeschehen eingebunden. Zunächst wurden die Mitglieder zur akuten Betreuung der Bevölkerung im Landkreis Ahrweiler eingesetzt. Heiko Pöhnl der Leiter des PSNV-Teams Bayreuth/Kulmbach übernahm dort sogar die Funktion des Kontingentführers der Einsatzkräfte des Bayerischen Roten Kreuzes. Als Folgeeinsatz folgte darauf eine wochenlange Einsatzbegleitung durch das ENT-Team Bayern, in dem ebenfalls 3 Kräfte des Bayreuther PSNV-Teams tätig waren.